PHILOSOPHIE

Noch ein Kunstfestival? Braucht es das? Was heißt das überhaupt? Kunstfestival? Soll das Festival vor allem eine Plattform für Künstler sein, um sich gegenseitig zu inspirieren oder geht es um das Erspielen von Preisen, um das Gewinnen eines Wettbewerbs? Soll eine Stadt oder eine Region kulturell aufgewertet und einem breiten Publikum ein möglichst vielfältiges Programm geboten werden? Inwiefern können Sponsoren ein Festival überhaupt erst ermöglichen und wie kommerziell darf Kunst überhaupt sein?

 

Wir wissen es nicht. So haben wir uns irgendwann im November 2012 getroffen. Aber wir wussten, was uns stört.

 

Auf den meisten Festivals ist jeder für sich. Die Künstler, die Zuschauer, die Studenten. Natürlich soll das kein Pauschalurteil sein, aber ein wirklicher Austausch oder eine Vernetzung findet selten statt.

 

Man hetzt von einer Aufführung zur nächsten. Man hat keine Zeit zu reflektieren; sich auszutauschen; das Gesehene, Erlebte zu verarbeiten. Naturgemäß will ein Festival in wenigen Tagen ein vielfältiges, dichtes Programm bieten – aber wie viel kann von 5 Inszenierungen am Tag wirklich aufgenommen werden? Irgendwann ist der Kopf voll, die Augen müde und im Geiste ertappt man sich dabei die Produktionen, die man bereits gesehen hat wie auf einer to-do Liste im Kopf abzuhaken.

 

Unser Kunst.Festival spielt auf dem Land. Weg von der Hektik und Reizüberflutung der Großstadt wollen wir Künstler aus der Region mit international bekannten Künstlern zusammenbringen. Musikfestivals befinden sich zum großen Teil in abgelegenen Winkeln auf dem Land – warum nicht auch ein Theaterfestival? Ein großer Hof, eine stillgelegte Fabrik, eine heruntergekommene Villa… ein Ort mit viel Spielfläche, an dem die gemeinsame Unterbringung der Künstler und Zuschauer an einem Ort möglich ist und der Platz für Phantasie und Experimente bietet, um abseits gängiger Bühnenmodelle neue Formen auszuprobieren. Unser Ziel ist die Vernetzung von Künstler und Zuschauer. Wir wollen ein gemeinsames kulturelles Ereignis schaffen. Künstler und Zuschauer treffen sich auf einer Ebene, um sich gegenseitig zu inspirieren und neue Formen zu finden. Vielleicht wird der Zuschauer sogar spontan zum Künstler und der Künstler zum Zuschauer, eine Neuverteilung der Rollen kann hier stattfinden. Das soll nicht heißen, dass der angereiste Künstler seinen Status als Künstler verliert und in der Masse der Zuschauer untergeht, aber er soll sich nicht Backstage abkapseln und nur zu Interviews und Publikumsdiskussionen erscheinen.

 

Soweit die Utopie.

 

Dieser Beitrag wurden im Jahrbuch 2014 des ITI ( Internationales Theaterinstitut) abgedruckt.

 

Jahrbuch zum lesen